Zuerst Statistik: Wo steht Österreich im Vergleich
Der Weltweite Korruptions-Wahrnehmungs-Index umfasst insgesamt 180 Länder. Darin hat sich Österreich im Zeitraum von 2013 bis 2019 von Platz 26 auf Platz 14 verbessert. Dies ist aber kein Ruhmesblatt, denn unser Land sollte sich mit den Staaten Europas messen. Hier liegt Österreich mit 76 Punkten (wobei 100 der beste Wert ist) etwas über dem Schnitt von 66 Punkten. An der Spitze stehen die Skandinavier, als erster Dänemark mit 88 Punkten, gefolgt mit je 85 Punkten von Schweden und Finnland sowie unserem Nachbarn, der Schweiz.
Daraus kann man eindeutig ablesen, dass in Österreich Korruption gegeben ist. Zusätzlich ist zu bedenken, dass im Ranking die publik gewordenen Fälle aufscheinen; es ist jedoch davon auszugehen, dass dazu noch eine Dunkelziffer kommt. Daher sollte es die Möglichkeit geben, Korruption verstärkt aufzudecken – das sollen künftig die neu geregelten Hinweisgebersysteme ermöglichen.
Was sind hierzulande die häufigsten Betrugsfälle
In einer Untersuchung hat Deloitte Legal folgende Felder identifiziert, in denen die häufigsten Betrugsfälle passieren. Anmerkung: die Reihenfolge ist willkürlich und gibt kein Ranking an.
- Bestechung (z.B. Tickets für Konzerte oder Sportveranstaltungen, sowie sog. „Umsatzbeteiligungen“)
- Abrechnungsbetrug
- Schwarzarbeit
- Unregelmäßigkeiten bei Auftragsverfahren
- Wettbewerbs- und Kartellverstöße
In der Praxis zeigt sich auch, dass es KMU oft an Bewusstsein fehlt, wie sehr sie im Fokus der Behörden stehen. Genauso betrifft das kleine bis mittlere Organisationen aus dem (halb)öffentlichen Bereich, wo Beamte an Private Aufträge vergeben und dabei Steuergelder für Leistungen ausgegeben werden, die gar nicht oder in schlechter Qualität erbracht wurden. Hier gab es immer wieder Fälle, beispielweise in der Bauwirtschaft.
EU-weit jährlicher Schaden in Milliardenhöhe durch Korruption
Im Eurobarometer Korruption (2017) haben beachtliche 81% der befragten Europäer angegeben, sie hätten einen Korruptionsfall, den sie beobachtet oder miterlebt haben, nicht gemeldet.
Die Gründe, warum so wenig gemeldet wird, sind Angst vor Vergeltungsmaßnahmen wie Anklagen, Jobverlust und damit finanzielle Probleme. Das belegt die öffentliche Konsultation, welche die EU-Kommission 2017 in Vorbereitung zur Richtline zum Whistleblowing durchgeführt hat. Dabei haben 85% geantwortet, dass Arbeitnehmer selten ihre Besorgnisse in Bezug auf Bedrohungen oder Schäden des öffentlichen Interesses melden, da sie Angst vor rechtlichen und finanziellen Konsequenzen haben.
Der aus dem unzureichenden Schutz und damit dem Stillschweigen von Hinweisgebern resultierende Schaden ist enorm, hat die EU-Kommission berechnet: Sie schätzt die Ertragsausfälle allein im öffentlichen Auftragswesen auf 5,8 bis 9,6 Milliarden Euro pro Jahr.
Klares Votum für die EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern
Die Aussage ist valide, dass Korruption und Betrug das Wirtschaftswachstum bremsen, allein dadurch entstehen schon Kosten. Korruption schadet dem Image eines Wirtschaftsstandortes, die Folge sind weniger Vertrauen und damit weniger Investitionen.
Schlagzeilen machen zumeist Betrugsfälle großer heimischer Unternehmen oder internationaler Konzerne. KMU dagegen stellen einen Graubereich dar, den wir alle in der Berichterstattung nicht mitbekommen. Diese Fälle von Korruption summieren sich jedoch aus volkswirtschaftlicher Sicht, wenn etwa zu teuer eingekauft wird, oder wenn Geld für Leistungen bezahlt wird, die nie erbracht wurden.
Derzeit trauen sich 85% nicht, Vorfälle von Missbrauch zu melden. Umgekehrt heißt das, nur 15% melden Betrugsdelikte. Dass diese 15% mehr werden, ist nicht nur im Sinne des Wirtschaftsstandorts Europa bzw. Österreich. Es ist auch im Sinne jedes Unternehmens, denn Hinweise von Mitarbeitern können Ihnen helfen, Risiken frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern.
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