Reboarding als Großprojekt
Die Rückkehr von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nach längerer Abwesenheit vorzubereiten – also Reboarding – war immer schon gelebte Aufgabe von Human Resources. Doch bis jetzt betraf das einzelne Personen, etwa Mütter (nur in seltenen Fällen Väter), die nach der Karenz wieder eingestiegen sind oder Kollegen, die schwerer erkrankt oder auf Sabbatical waren. Mit dem Ende der Lockdowns, das mit steigender Anzahl an Impfungen näher rückt, wird für HR Reboarding wieder ein Thema – jedoch in einem nie gekannten Ausmaß. Denn es gilt, die gesamte bzw. einen Großteil der Belegschaft aus dem Home-Office zurück ins Büro zu begleiten. Auch wenn nicht alle am selben Tag ins Büro zurückströmen, so muss die Rückkehr geplant werden, und zwar rechtzeitig, denn viele Aspekte sind dabei zu beachten.
Gemeinsam Neues reflektieren
„Wann wird es wieder so wie vorher?“ Dieser Satz ist immer wieder zu hören. Auch wenn es vielen Menschen nach den unsicheren Zeiten verlockend erscheint, in alte Muster und Gewohnheiten zurückzukehren, so ist dies weder sinnvoll noch realistisch. Denn eines ist klar: Wir alle haben uns verändert, viele Mitarbeitende haben im Home-Office neue Talente gezeigt; genauso haben sich Prozesse verändert – Stichwort Digitalisierung. Solche Verbesserungen sollte jedes Unternehmen erkennen und bewahren. HR hat demnach die Aufgabe, die richtige Balance zwischen Altem und Neuem zu finden und die Strategie dabei heißt: kommunizieren, kommunizieren, kommunizieren. Binden Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Beginn an ein, damit diese ihre Erfahrungen und Gedanken einbringen können. Prüfen Sie gemeinsam, was im Home-Office gut gelaufen ist und weiter so gemacht werden soll, bzw. was nicht geklappt hat und wo Änderungen nötig sind.
Psyche: Stärken nutzen, Blues ansprechen
Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben mehr als ein Jahr selbstverantwortlich zu Hause gearbeitet. Dabei sind neue Denkweisen, Fähigkeiten, Ideen und teils auch mehr Selbstbewusstsein entstanden. Diese Selbstständigkeit sollte von den Führungskräften gesehen und geschätzt werden, HR kann dabei wertvolle Unterstützung leisten. Hier geht es um die Akzeptanz von Veränderungen, das will gelernt sein und kann Zeit brauchen. Ebenso wird es Mitarbeitende geben, denen – allein im Home-Office ohne soziale Kontakte – im Lauf der vielen Monate buchstäblich die Decke auf den Kopf gefallen ist. Oder die ausgepowert sind von der Mehrfachbelastung zwischen Job und Home-Schooling. Die psychologische Gesundheit Ihres Teams hat daher jetzt einen besonders hohen Stellenwert. Als HR-Verantwortliche sollten Sie sich im Gespräch mit der Belegschaft mit folgenden Fragen befassen:
- Welche Fähigkeiten haben Mitarbeitende bewiesen, die weiter gefördert werden sollten?
- Worauf sind Mitarbeitende stolz, was haben sie anders gemacht, dass künftig beibehalten werden sollte?
- Wie kann man Mitarbeitende unterstützen, denen es nicht gut geht?
- Was ist aus Sicht der Mitarbeitenden nicht gut gelaufen und sollte man jetzt ändern?
- Welche Benefits haben vor oder während der Pandemie gefehlt, die man nun etablieren könnte? Z.B. Flexible Arbeitszeiten, Kinderbetreuung.
Organisation: Arbeitsprozesse, Anwesenheit
Die Arbeitswelt wurde durch die Pandemie vor allem im Büro grundlegend verändert. Im Rahmen des Reboarding sind daher viele organisatorische Fragen zu klären, daraus leiten sich dann Aufgaben ab, um für Veränderungen die erforderlichen Rahmenbedingungen zu schaffen. Gemeinsam mit Führungskräften und Mitarbeitenden sollte HR die notwendigen Gespräche rechtzeitig initiieren, ggf. auch moderieren. Für jedes Unternehmen und für manche Abteilungen werden unterschiedliche Lösungen entstehen, diese Fragen können dabei helfen:
- Wie können Arbeitsprozesse im Büro wieder hochgefahren werden?
- Wird Home-Office weiterhin möglich sein? Hier braucht es zuerst eine grundsätzliche Entscheidung der Geschäftsleitung.
- Welche Spielregeln gelten für den Wechsel zwischen Büro und Home-Office? Z.B.: Aufteilungsschlüssel, verpflichtende gemeinsame Anwesenheitstage, wer legt die Zeiten konkret fest, welche Maßnahmen braucht es um Zusammenhalt und Wissensaustausch im Team zu wahren.
- Wer möchte im Home-Office arbeiten und wie verändert sich der Platzbedarf im Büro? Z.B.: Sollte es künftig Desk Sharing geben, müssen Büroräumlichkeiten anders gestaltet werden, wie können sich Mitarbeitende für einen Schreibtisch anmelden, sind die technischen Voraussetzungen und das Equipment (teilweise wird das doppelt sein müssen) vorhanden, wer kümmert sich um diese Themen.
- Ist es noch zeitgemäß, Geschäftsreisen wie gewohnt zu machen oder wie könnte das anders funktionieren? Z.B. Anderer Rhythmus, welche Tools wie Videokonferenzen, Chats, etc. braucht es stattdessen.
Vorbereitung, Wertschätzung, Kommunikation
Jeder war lange Zeit auf sich gestellt, nun begegnen sich Mitarbeitende, Kollegen und Führungskräfte wieder im Unternehmen. Das ist ein schöner Moment, auf den viele schon sehnsüchtig warten, denn persönliche soziale Kontakte sind unersetzbar. Damit diese große Rückkehr den Erwartungen gerecht wird, sollte Human Resources auf drei Faktoren setzen:
- rechtzeitig und umfassend vorbereiten,
- wertschätzend die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter willkommen heißen,
- viel kommunizieren um alle Erfahrungen zu reflektieren.
Wenn der Zeitpunkt des Reboarding genützt wird, um mit Mitarbeitenden wertschätzend und interessiert neue Ideen, Prozesse und Learnings zu reflektieren, dann kann Positives aus der Pandemie mitgenommen und das Unternehmen gemeinsam weiterentwickelt werden. Davon profitieren alle und aus Sicht von HR ergeben sich dabei auch neue Aspekte im Employer Branding: Was ist heute zeitgemäß für Ihre Arbeitgebermarke, welche Stärken haben sich während der Pandemie gezeigt. Wenn beispielsweise Ihre Belegschaft mit Flexibilität oder Achtsamkeit die Herausforderungen gemeinsam gemeistert hat, dann sollten Sie das als Asset nach außen kommunizieren.