Fehlende gesetzliche Regelung wirft zahlreiche Fragen auf

Home Office (manchmal auch „Telearbeit“ genannt) ist in Österreich gesetzlich nicht geregelt und wirft daher in der Praxis zahlreiche Fragen auf.

Ein gesetzliches Recht darauf, von zuhause aus zu arbeiten, besteht nicht. Kein Arbeitnehmer kann das Home Office einfordern, auch nicht wenn noch so gute Gründe dafür sprechen (zB Betreuungspflichten). Die Erlaubnis, auch von zuhause zu arbeiten, könnte im Dienstvertrag geregelt werden – was nur selten vorkommt. Vielmehr ist dort in der Regel der Unternehmenssitz als Arbeitsort vorgesehen, und dort hat sich der Arbeitnehmer auch einzufinden.

Meist taucht im laufenden Arbeitsverhältnis der Wunsch auf, im Home Office zu arbeiten, und so gut wie immer kommt die Idee vom Arbeitnehmer. Kann sich auch das Unternehmen Home Office vorstellen, liegt es im beidseitigen Interesse, Details schriftlich zu regeln.

Regelt man nämlich nichts, gilt der Rest vom Dienstvertrag – vom vereinbarten Arbeitsort abgesehen. Das heißt u.a., dass dort vereinbarte fixe Arbeitszeiten auch bei der Arbeit zuhause einzuhalten sind. Freilich spricht nichts dagegen, für den Home Office Tag andere Arbeitszeiten zu vereinbaren, weil zB der Arbeitnehmer mangels Wegzeiten früher zu arbeiten anfangen kann. Wie häufig Home Office stattfindet, liegt im Belieben der Arbeitsparteien. Man kann zB einen fixen Wochentag vereinbaren oder eine Anzahl von Arbeitstagen pro Monat – dann sollte aber geklärt werden, bis wann der Arbeitnehmer den Home Office-Tag wem ankündigen muss, und welche betrieblichen Gründe gegen einen bestimmten Tag eingewandt werden können.

Was nicht anzuraten ist, sind völlig flexible Arbeitszeiten. Ein solches Modell kennt unser Arbeitszeitrecht nicht. Es macht das Berechnung von Überstunden unmöglich, weil ein Vergleichsmaßstab (In welcher Zeit liegt die Soll-Zeit und wie lange ist sie pro Tag und Woche?) fehlt.

Die Erlaubnis des Home Office kann Anlass sein, immerhin eine Gleitzeitvereinbarung zu schließen. Sie ermöglicht den MitarbeiterInnen in gewissem Rahmen (Gleitzeitrahmen, Kernzeiten), die Arbeitszeit selber einzuteilen. Wenn ein Betriebsrat besteht, muss sie in Form einer Betriebsvereinbarung geschlossen werden (durchaus mit der Möglichkeit von – sachlichen – Sonderregeln für Personen mit Home Office Erlaubnis), andernfalls ist Gleitzeit durch Einzelvereinbarung zulässig.

Egal, welches Arbeitszeitmodell schlussendlich gewählt wird, eines ist fix: Die Arbeitszeiten sind grundsätzlich auch zu verzeichnen, wenn sie zuhause geleistet werden, und auch die gesetzlichen Maximalgrenzen der Arbeitszeit (pro Tag / pro Woche / im 17-Wochen-Zeitraum) müssen eingehalten werden.

Home Office Arbeit wird manchmal mit Erreichbarkeitsregeln kombiniert – was bei klarer Regelung der Arbeitszeiten in vielen Fällen überflüssig ist. Will man jedoch über die Arbeitszeiten hinaus telefonische Erreichbarkeit, muss man sich über die möglichen finanziellen Folgen im Klaren sein: Rufbereitschaft ist nicht per se unentgeltlich – vielmehr gilt ein angemessenes Entgelt, wenn nichts anderes vereinbart ist. Manche Kollektivverträge sehen zwingende Eurobeträge pro Rufbereitschaftsstunde vor – die gelten dann als zwingendes Mindestmaß.

Weil Ablenkungen beim Arbeiten zuhause wahrscheinlicher sind als im Unternehmen, sollte man auch dazu klare Regeln treffen: Bei fixen Arbeitszeiten ist es nicht gestattet, zwischendurch 15 Minuten Hausarbeit zu machen. Bei Gleitzeit ist das vorstellbar, muss dann aber als Pause festgehalten werden.

Die Professionalität der Arbeit darf freilich nicht leiden. Oft macht es Sinn, auch daran im Vertrag zu „erinnern“ (zB keine störenden Hintergrundgeräusche beim Telefonieren). Dazu gehört auch, für die Geheimhaltung betrieblicher Daten zu sorgen – umso mehr seit Inkrafttreten der DSG-VO: Familienangehörigen oder Besuchern darf es nicht möglich sein, durch einen schnellen Blick auf den beruflichen Laptop Firmeninterna oder Betriebsgeheimnisse von Kunden zu erhaschen. Fernzugriffe auf Firmendaten müssen gesichert sein. Wer für die EDV-Wartung zuständig ist, ist ein weiterer Punkt, auch wer die privaten Betriebskosten (WLAN, Strom etc) bezahlt. Üblich sind Pauschalen für den Aufwandersatz – sie müssen gleich hoch oder höher sein als der tatsächliche Aufwand.

Bedenken sollte man vor der Vereinbarung von Telearbeit, dass sie die Wohnung (das Haus) des Mitarbeiters zu einer „auswärtigen Arbeitsstelle“ macht. Deshalb hat der Arbeitgeber allerdings kein Zutrittsrecht. Daraus folgt vielmehr, dass der Arbeitgeber den „Tele-Bildschirmarbeitsplatz“ ergonomisch gestalten und dem Stand der Technik und den ergonomischen Anforderungen entsprechende Bildschirmgeräte (zB Monitore, Tastaturen) mit einer benutzerfreundlichen Software zur Verfügung stellen muss. Arbeitstische und –sessel müssen aber nicht vom Unternehmen kommen.

Home Office führt in der Praxis manchmal dazu, dass die Grenzen zwischen „arbeitsfähig“ und „arbeitsunfähig“ verschwimmen. Manche Arbeitnehmer melden, dass sie sich nicht wohl fühlen, und lieber zuhause arbeiten würden um nicht krank zu werden (zB: Schnupfen bei sehr niedrigen Außentemperaturen). So lange sie nicht krank sind, spricht mit Einverständnis des Arbeitgebers auch nichts dagegen. Das darf aber nicht dazu führen, dass kranke Arbeitnehmer im Home Office arbeiten, anstatt sich auszukurieren. Beiden Seiten sollte klar sein: In Österreich gibt es nur arbeitsfähig oder arbeitsunfähig und kein Mittelding. Ähnliches gilt in Fällen, wo Anspruch auf Pflegefreistellung besteht: Der Arbeitgeber kann nicht verlangen, dass das kranke Kind betreut wird, aber die Betreuungsperson währenddessen von zuhause aus weiterarbeitet. Umgekehrt kann das allerdings eine sinnvolle Lösung sein, wenn der Anspruch auf Pflegefreistellung nicht mehr besteht.

Wer zwar die Erlaubnis haben will, von Zuhause zu arbeiten, aber doch auch die Option, am Home Office Tag in die Firma zu gehen, sollte sich dieses Recht ausverhandeln. Umgekehrt sind Arbeitgeber gut beraten, die Home Office Erlaubnis nicht „für immer“ zu erteilen, sondern zB zunächst (zur Erprobung) auf zwei Monate befristet und dann – wenn es für beide gut funktioniert – unbefristet mit beidseitiger Kündbarkeit.

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