Flexibilität ist Trumpf
Flexible Dienstpläne und Arbeitszeiten stehen in Österreich auf Platz 1 der Wunschliste, das Grundgehalt als finanzieller Aspekt liegt dahinter, gefolgt von interessanter Arbeit – das haben junge Arbeitssuchende in der pwc Studie „Dein idealer Arbeitgeber“ bewertet. Fixe Arbeitszeiten scheinen demnach besonders für die jüngere Generation veraltet, zumindest gilt das für Tätigkeiten, wo die flexible zeitliche Einteilung der Arbeit möglich ist. Dazu beigetragen haben viele Entwicklungen der letzten Jahre wie Digitalisierung, Home-Office, Kurzarbeit oder die Diskussion um eine ausgeglichene Work-Life Balance. Die Notwendigkeit, Familie und Beruf zu vereinbaren, spielt dabei immer schon eine Rolle, denn oft fehlt es jungen Eltern an geeigneten Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder.
Flexible Arbeitszeitmodelle können sehr unterschiedlich gestaltet sein – wir sehen uns an, welche Varianten es gibt, wie diese funktionieren, sowie mögliche Vor- und Nachteile.
Der Klassiker: Gleitzeit
Dieses Modell ist den meisten bekannt und in vielen Unternehmen auch gelebte Praxis. In der Regel gibt es eine betrieblich vereinbarte Kernarbeitszeit, wo die Beschäftigten anwesend bzw. erreichbar sein müssen, etwa um Kundenanfragen zu beantworten. Anfang und Ende kann jeden Tag rund um die Kernzeit frei gewählt werden.
-> Einfach einsetzbar, bietet aber in der Regel keine große Flexibilität.
Immer beliebter: Home-Office
Drei Tage Büro, zwei Tage zu Hause – dieses oder ähnliche Modelle sind aufgrund der Erfahrungen in der Pandemie in vielen Unternehmen heute akzeptiert. Man erspart sich Anreisezeiten und Eltern mit Betreuungspflichten schätzen die höhere Flexibilität oder die Möglichkeit, besser für ein krankes Kind sorgen zu können. Welche Anwesenheiten im Home-Office gelten, muss vom Betrieb festgelegt werden.
-> Bei der Festlegung der Tage sollte geachtet werden, dass soziale Kontakte im Team erhalten bleiben. Home-Office erfordert mehr Selbstorganisation, diese Eigenverantwortung wirkt jedoch für die Beschäftigten motivationsfördernd.
Arbeitszeit verkürzen: Teilzeit
Wenn Beschäftigte etwa nur die halbe Wochenarbeitszeit arbeiten, haben sie in der Regel mehr Gestaltungsfreiheit: So können sie an fünf Vormittagen oder an drei ganzen Wochentagen arbeiten – je nach individuellem Bedarf und in Abstimmung mit der Firma.
-> Im Anschluss an die Karenzzeit bei Eltern jüngerer Kinder (in Österreich sind es leider immer noch hauptsächlich nur die Mütter) sehr beliebt. Aber auch für immer mehr Fachkräfte attraktiv.
Arbeitszeit verkürzen: Job-Sharing
Zwei Mitarbeitende teilen sich einen Vollzeit-Job im Umfang von 40 Wochenstunden (kann wahlweise auch bis zu 60 Stunden gehen). Wer wann arbeitet, machen sie sich flexibel aus. Geeignet etwa für Tätigkeiten im medizinisch-sozialen Bereich oder wenn im Büro immer jemand für Anfragen da sein muss.
-> Erfordert gute Kommunikation zwischen den beiden Beteiligten, gibt ihnen jedoch große Flexibilität und ermöglicht qualifiziertere Tätigkeiten, als es oft reine Teilzeitjobs sind.
Arbeitszeit verkürzen: weniger Stunden bei vollem Gehalt
Einige Unternehmen, wie die oberösterreichische Agentur eMagnetix, experimentieren mit verkürzten Wochenarbeitszeiten, etwa 30 Stunden: Mehr Produktivität der besten Köpfe rechtfertige demnach das volle Gehalt.
-> Maßnahmen für effizientes Arbeiten müssen im Vorfeld erarbeitet werden. Positionierung als attraktiver moderner Arbeitgeber.
Im Aufwind: 4-Tage-Woche
Bei der Gestaltung der 4-Tage-Woche sind zwei Varianten möglich: Die Normalarbeitszeit wird auf vier Tage verteilt, indem an diesen länger gearbeitet wird oder die Arbeitszeit wird verkürzt, etwa auf 35 Stunden. Denkbar sind auch Varianten, wo in weniger auftragsstarken Zeiten, wie zum Beispiel für manche Branchen im Sommer, nur an 4 Tagen gearbeitet werden muss.
-> Längere zusammenhängende Freizeit fördert die Erholung, das führt zu weniger Krankenständen. Wird speziell von der jüngeren Generation immer öfter gewünscht.
Gleitzeitvariante: Jahresarbeitszeitmodell
Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter haben ein Zeitkonto: Statt einer wöchentlichen, haben sie jedoch eine Jahresarbeitszeit. So können sie einige Monate mehr arbeiten, um dann entspannter disponieren zu können. Dies erfordert geeignete Tools zur Zeitaufzeichnung und eine langfristige Planung.
-> Unternehmen können damit auch saisonale Schwankungen ausgleichen. Müssen Arbeitskräfte dann aber häufig zu Stoßzeiten arbeiten, steigt ihre Belastung und gleichzeitig sinkt die selbst wählbare Flexibilität.
Wettlauf um Ideen und um die besten Köpfe
Um dem Wunsch der Beschäftigten nach flexibler Arbeitszeit nachzukommen, sind viele Varianten denkbar. Auch das Sabbatical, eine Freistellung (gegen Entfall des Entgelts) für Weiterbildung aber auch für andere private Gründe, zählt dazu. Etliche Start-Ups experimentieren mit weiteren Möglichkeiten, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren, etwa wenn ihr Standort nicht in Ballungsgebieten liegt. Dazu zählen u.a. unbegrenzte Urlaubsregelungen, wo Urlaubstage nicht fix definiert und erfasst werden, sondern in Abstimmung mit dem Team vergeben werden. Der Wettlauf um kreative Ideen für flexible Arbeitszeitmodelle ist gestartet, der gleichzeitig ein Wettlauf um die besten Köpfe ist. Hier ist immer auf die jeweilige Gesetzgebung zu achten.
Was bringen flexible Arbeitszeitmodelle für Arbeitgeber
Auch wenn es nicht gleich der unbegrenzte Urlaub ist, so lohnt es sich für Unternehmen, über flexible Arbeitszeitmodelle einmal nachzudenken. Denn wer von starren Arbeitszeiten abweicht,
- zeigt sich offen und an den Bedürfnissen der Belegschaft orientiert. Damit sind Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter umgekehrt auch motiviert, wenn es nötig ist, vollen Einsatz zu bringen.
- reduziert den Stress der Belegschaft, der z.B. durch täglichen Stau bei der Fahrt ins Büro oder beim Begleiten des Kindes in Schule oder Kindergarten entsteht.
- vermittelt, dass im Fokus des Unternehmens die Ziele und Ergebnisse liegen, nicht aber die „abgesessenen Stunden“.