Nicht IT, sondern HR hat die größte Aufgabe, denn es geht um die Mitarbeiter

Flexible Arbeitszeitmodelle können wesentlich zur Work-Life Balance beitragen. Denn Mitarbeiter die sich wohl fühlen und den Kopf auch für anderes frei haben, sind zufriedener und damit auch kreativer. Hier bekommen Sie konkrete Anleitungen für die Umsetzung des Home-Office: In der Diskussion darüber wird oft auf Technik und IT-Sicherheit fokussiert, in Wahrheit jedoch geht es um den Menschen und seine Kompetenzen – das ist ein Thema für Human Resources. Wissenschaftliche Studien zeigen Ihnen, worauf zu achten ist.

Am Anfang steht Vertrauen

Wenn mit der Möglichkeit des Home-Office die durchgängige Anwesenheit im Büro nicht mehr erforderlich ist, wird etwas anderes erforderlich: nämlich Vertrauen. Das ist ein Prozess, der sowohl die zu Hause arbeitenden Mitarbeiter, deren Kolleginnen und Kollegen, sowie die Vorgesetzten betrifft.

Um Vertrauen von Beginn an zu installieren, helfen klare Regeln:

Legen Sie fest, zu welchen Zeiten Ihr Mitarbeiter erreichbar sein muss, so können Kunden, Kollegen und Vorgesetzte zu dieser Zeit anrufen.

Legen Sie fest, welche Arbeiten erledigt sein müssen – solche Ergebnisse können Sie konkret kontrollieren.

Bestimmen Sie fixe Anwesenheitstage im Büro, das ist aus vielen Gründen wichtig: Kollegen wissen, wann der Home-Office Mitarbeiter persönlich erreichbar ist, Meetings können einfach vereinbart werden.
Tipp: Natürlich sind Kollegen, die ständig im Unternehmen arbeiten, verleitet, Abwesenheiten zu kommentieren. Versuchen Sie von vornherein, Zurufe wie „Schönes Wochenende“ am Mittwoch Nachmittag zu unterbinden, wenn der Kollege am Donnerstag und Freitag zu Hause arbeitet.

Sagen Sie Ihrem Mitarbeiter auch, dass er nicht rund um die Uhr erreichbar sein muss. Gerade Millennials sind schnell bereit, ständig am Smartphone Mails oder Nachrichten zu beantworten, hier sollte der Gewinn an Work-Life Balance nicht in mehr Stress durch ständige Erreichbarkeit kippen.
Tipp: Auch auf Pausen unter Tags zu achten ist wichtig, denn manche Studien zeigen, dass dadurch die Produktivität steigt.

Sorgen Sie dafür, dass der Kontakt erhalten bleibt. Das gilt speziell für Mitarbeiter mit längeren Home-Office Zeiten. Schließlich hat jeder schon die Erfahrung gemacht, dass bei einem Gespräch in der Kaffeeküche oft informell wichtige Infos ausgetauscht werden – das darf nicht verloren gehen.
Tipp: Zum Kontakt gehören auch Feiern wie Geburtstag oder ein großer Auftrag – denken Sie daran, Ihre Home-Office Mitarbeiter ebenfalls einzuladen, auch wenn das nicht ihr Anwesenheitstag ist.

Vereinbaren Sie bei der Einführung von Home-Office eine Probezeit, so können beide Seiten feststellen, ob alles passt oder manches anders geregelt werden soll.
Tipp: Führen Sie ein offenes Gespräch mit Ihrem Mitarbeiter, wo alles ausgesprochen werden kann; besonders wenn Home-Office neu in Ihrem Unternehmen ist und Erfahrungen noch fehlen.

Technische Voraussetzungen sind heute gut erfüllbar

Der Home-Office Arbeitsplatz sollte dieselben Möglichkeiten bieten, wie der Schreibtisch im Büro. Die Mitarbeiter benötigen ein Notebook – ausgestattet mit Software für Chats oder Telefonkonferenzen, und eine verlässliche Anbindung an das Firmen-Intranet um sicheren Zugriff auf alle erforderlichen Daten zu haben. In puncto Technologie ist bereits alles am Markt verfügbar, wie entsprechende Bandbreiten, Cloud-Dienste oder zentrale Zutrittslösungen.

All das führt nicht automatisch zu höheren Kosten; denn Mitarbeiter mit einer Tätigkeit, wo Home-Office in Frage kommt, sind in der Regel schon mit Laptop und entsprechender Software ausgestattet, weil sie oft mobil von unterwegs arbeiten. Unternehmen sparen auch Kosten, weil im Büro weniger Arbeitsplätze zur Verfügung stehen müssen, wenn weniger Personen gleichzeitig anwesend sind. Da Mitarbeiter in vielen Großraumbüros keinen fixen Schreibtisch mehr haben, sorgt dieses flexible System für Kostenreduktion.

Die entscheidende Frage: Wer ist für Home-Office geeignet?

Die Entscheidung über einen Home-Office Arbeitsplatz wird oft an der Tätigkeit festgemacht. Bedenken Sie dabei jedoch: Nicht nur die Aufgabe, sondern vor allem Arbeitsweise und Charakter Ihrer Mitarbeiter entscheiden über den Erfolg von flexiblem Arbeiten. Menschen, die klare Strukturen, den Kaffeetratsch in der Früh und regelmäßig Anerkennung brauchen, oder die sich leicht ablenken lassen, sind kaum für Home-Office geeignet. Wer zu Hause mehrere Tage pro Woche arbeitet, braucht ein gutes Maß an Selbstdisziplin und -motivation. Auch entsprechend dem Alter Ihrer Mitarbeiter lassen sich Eignungen oder Präferenzen für Home-Office erkennen: Millennials kommunizieren am liebsten elektronisch, ihnen könnte ein Arbeitsplatz zu Hause entgegenkommen.

Persönliche Kompetenzen, wie Initiative und Beziehungsmanagement

Eine Studie des FFH (Forschungsforum der Österr. Fachhochschulen) von Meike Huda und Herbert Schwarzenberger hat folgende persönliche Kompetenzen für virtuelle Arbeit (Home-Office) ermittelt: Offenheit, Flexibilität, Selbstmanagement, Lernbereitschaft, Initiative und ergebnisorientiertes Handeln. Besonders wichtig sind Beziehungsmanagement und Konfliktlösungsbereitschaft im Umgang mit virtuellen Teams; denn als Folge von Anonymität entstehen auch negative Effekte wie reduzierte Loyalität und abnehmendes Kulturempfinden.

Tipp: HR ist also in zweierlei Weise gefordert, schließen die Autoren. Die Personalabteilung muss sowohl für die notwendigen Kompetenzen der Mitarbeiter sorgen, als auch für die aktive Gestaltung und Ausrichtung einer adäquaten Unternehmenskultur.

Grenzmanagement zwischen Beruf und Privatleben

Die Chancen versus Herausforderungen von flexibler Arbeit aus wirtschaftspsychologischer Sicht untersuchte Herbert Schwarzenberger von der FH Wiener Neustadt: Flexibles Arbeiten, bedingt durch technologische Möglichkeiten und globales wirtschaften, mache die Vereinbarkeit von Beruf und Familie schwieriger. Unter dem Begriff des Grenzmanagements definiert er die kognitive, physikalische und verhaltensbedingte Grenzziehung zwischen Beruf und Familie bzw. Privatleben. Das hat wesentlichen Einfluss auf die wahrgenommene Work-Life Balance.

Beim Grenzmanagement gibt es zwei Stilrichtungen:

  • Integration: keine Grenzen, es ist normal, in der Freizeit ein berufliches Telefonat entgegenzunehmen; umgekehrt nutzen solche Menschen im Büro das Internet auch für private Zwecke. Sie selbst empfinden selten Probleme, haben aber öfter Konflikte in der Familie. Interesse an Home-Office.
  • Separation: strikte Trennung, solche Mitarbeiter lassen die Arbeit im Büro, haben auch keinen privaten Kontakt zu Kollegen. Ihre Welten laufen parallel, bei Karriere dominiert der berufliche Bereich. Eher der klassische Arbeitsplatz.

Tipp: Unternehmen müssen sich mit den individuellen Bedürfnissen ihrer Mitarbeiter befassen, rät Schwarzenberger. Strategien und Regeln im Hinblick auf Erreichbarkeit sollten an den Grenzmanagementstil angepasst werden, hier ist auch das direkte Vorbild der Vorgesetzten gefragt. Man sollte auch Alter sowie Betreuungspflichten berücksichtigen. Wenn Mitarbeiter das Gefühl bekommen, dass die Arbeit nie ein Ende nimmt, kann dies zu Stress bis Burn-Out führen; gefährdet sind eher Menschen mit Integrationsstil.

Die Vorteile des Home-Office

Umfassende individuelle Vorbereitung, sowie manche Veränderung der Unternehmenskultur, sind Voraussetzungen, um das Arbeiten zu Hause einzuführen. Dieser Aufwand lohnt sich, wie die Liste der positiven Auswirkungen zeigt:

  • Höhere Motivation und Empowerment der Mitarbeiter, weil sie ihre Arbeitszeit selbst einteilen können.
  • Ungestörtes Arbeiten ist möglich, Konzentration z.B. auf das Fertigstellen eines komplexen Reports.
  • Zufriedene Mitarbeiter führen zu weniger Fluktuation.
  • Zeit für den Weg zur und von der Arbeit wird gespart.
  • Auch Ressourcen werden gespart, etwa durch weniger Autofahrten; und dieser nachhaltige Aspekt ist heute wichtiger denn je.
  • Weniger Krankenstandstage, denn Mitarbeiter sind zumeist bereit, bei kleinen Erkältungen sehr wohl von zu Hause aus zu arbeiten, weil der mühsame Arbeitsweg in der Kälte wegfällt.
  • Unternehmen erreichen damit Fachkräfte außerhalb Ihrer Region, ein immer wichtigerer Faktor im Zeitalter des War for Talents.

Mehr über Home-Office im Arbeitsrecht erfahren Sie hier.

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