Pflegekarenz und -teilzeit (§ 14c f AVRAG) sind ab 2020 in Betrieben mit mehr als fünf Arbeitnehmern keine Frage der Vereinbarung mehr – der Arbeitnehmer hat einen Anspruch, zumindest für zwei Wochen. Die Voraussetzungen sind dieselben wie für die bisherige Vereinbarung von Pflegekarenz/-teilzeit, insbesondere ein mindestens dreimonatiges Arbeitsverhältnis und die Pflege oder Betreuung eines nahen Angehörigen mit Pflegegeldstufe 3 (bei Demenzerkrankungen und Minderjährigen reicht Pflegegeldstufe 1). Eine längere Dauer (bis 3 Monate) kann nach den zwei Wochen vereinbart werden, andernfalls hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Verlängerung um weitere zwei Wochen. Arbeitgeber dürfen einen Nachweis für die Pflegebedürftigkeit und das Verwandtschaftsverhältnis verlangen.
Karenzzeiten aus Anlass der Geburt eines Kindes ab dem 1. August 2019 sind umfassend anzurechnen (§ 15f MSchG). Das bedeutet einerseits, dass die Anrechnung nicht mehr auf 10 Monate nur der ersten Karenz beschränkt ist. Außerdem sind die Karenzzeiten nicht nur für punktuelle Ansprüche (Kündigungsfrist, Entgeltfortzahlung, 6. Urlaubswoche) maßgeblich, sondern für alle vordienstzeitenabhängigen. Die größte praktische Bedeutung liegt in der Berücksichtigung von Karenzzeiten in kollektivvertraglichen Entgeltsystemen. Vorrückungen erfolgen auch während der karenzbedingten Abwesenheit. Freilich müssen nur solche Karenzzeiten angerechnet werden, auf die ein gesetzlicher Anspruch besteht. Verlängert man die gesetzliche Karenz einvernehmlich, müssen diese zusätzlichen Zeiten nicht angerechnet werden.
Seit September besteht ein Entgeltfortzahlungsanspruch (§ 8 Abs 3a AngG) für Personen, die bei Großschadensereignissen mithelfen (freiwillige Mitglieder von Rettung, Feuerwehr, Katastrophenhilfsorganisationen; Bergrettung). Voraussetzung ist aber, dass mit dem Arbeitgeber das Ausmaß und die Lage des Einsatzes vereinbart wird – was in akuten Situationen praktisch schwierig sein wird. Der Arbeitgeber erhält eine nicht unattraktive Entschädigung: EUR 200 pro ausgefallenem Arbeitnehmer und Tag.
Aus der jüngsten arbeitsrechtlichen Judikatur ist relevant, dass der OGH (9 ObA 72/18f) klarstellt: Einem Betriebsratsmitglied darf seine Betriebsratsaktivität nicht zusätzlich bezahlt werden. Das wäre eine Begünstigung, die seine Objektivität gefährden kann. Deshalb kann auch ein Mitglied, das nur Teilzeit arbeitet (und entsprechend bezahlt wird) und daher verhältnismäßig mehr Freizeit für das Mandat aufwendet, keine Entschädigung verlangen. Der voll- oder teilzeitbeschäftigte Betriebsrat hat laut OGH grundsätzlich in seiner Freizeit und unbezahlt aktiv zu werden. Nur ausnahmsweise, wenn die Mandatsausübung während der Arbeitszeit „erforderlich“ ist, darf er in seiner Arbeitszeit Tätigkeiten als Betriebsrat vornehmen – die werden dann natürlich gemäß § 116 ArbVG als Arbeitszeit bezahlt.
Vorsicht bei Rufbereitschaften! Wird keine Entlohnung vereinbart (und regelt sie der Kollektivvertrag nicht), gebührt eine angemessene Entlohnung. Wird die Dauer der Rufbereitschaft nicht abgegrenzt, kann der Mitarbeiter unter Umständen (wie in 8 ObA 61/18f) Rufbereitschaftsentgelt pro Tag 365 Mal pro Jahr 24 Stunden abzüglich Schlafzeit (hier: 7 Stunden) und Arbeitszeit verlangen. Eine Vorab-Vereinigung mit zeitlicher Eingrenzung der Rufbereitschaftszeit, einem Stundensatz und einer Verfallsklausel können das Risiko stark minimieren.
Nun gibt es keine Zweifel mehr: Vereinbarter Zeitausgleich kann nicht vom Arbeitgeber einseitig „storniert“ werden. Wer den Arbeitnehmer doch benötigt, hat die zusätzliche Arbeitszeit als Mehrarbeits- bzw Überstundenarbeit zu werten: 9 ObA 62/18k.
Für den OGH (9 ObA 102/18t) gehören Volksschulkinder zu Familienangehörigen, die im Sinne des § 14 AVRAG betreut werden müssen. Wer zu diesem Zweck seine Arbeitszeit reduziert, hat Anspruch auf die begünstigte Abrechnung seiner Abfertigung Alt (Berechnung auf Basis einer Vollzeitbeschäftigung bzw. nach 2 Jahren auf Basis der durchschnittlichen Arbeitszeit während des Arbeitsverhältnisses). Es lohnt sich bei der Fortführung der Teilzeit nach dem 7. Geburtstag des Kindes (= Ende Elternteilzeit) das Motiv zu hinterfragen. Will die Arbeitnehmerin weiterhin nur Teilzeit arbeiten, um ihren Hobbies nachzugehen oder zu studieren, fehlt für § 14 AVRAG der Anwendungsbereich.
Für Kündigungsanfechtungen ergibt die jüngste OGH-Judikatur (8 ObA 8/19p, 9 ObA 123/18f) ganz klar: Sowohl bei betriebsbedingten als auch bei personenbedingten Kündigungen muss die soziale Gestaltungspflicht eingehalten werden. Das beinhaltet nicht nur, dem zu Kündigenden freie Arbeitsplätze anzubieten, die dem letzten Arbeitsplatz vergleichbar sind – anzubieten ist jede freie Stelle, die der bisherigen Berufspraxis entspricht. Dabei ist irrelevant, wenn sie deutlich geringer entlohnt ist. Sie muss angeboten werden, auch wenn zu erwarten ist, dass der Arbeitnehmer das wenig attraktive Angebot ausschlägt. In Krankheitsfällen ist es notwendig, Alternativarbeitsplätze anzubieten, die der Arbeitnehmer trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen verrichten kann.
Tipp am Ende: Wird ein Arbeitnehmer, um den Verdacht eines Entlassungsgrundes untersuchen zu können, freigestellt – vergessen Sie ihn nicht! Wer ein Jahr freigestellt bleibt, obwohl die Untersuchungen nach bereits der Monaten das Vorliegen eines Entlassungsgrundes bestätigen, kann nicht mehr wirksam entlassen werden. Auch bei Freistellungen gibt es somit zeitliche Grenzen (9 ObA 20/19k).